Birte – Königin in ihrem Reich
*2001 +14.02.2017
Teil 1: Auf der Schattenseite des Lebens
Irgendwann im Jahr 2001 erblickte ein 6 Jahre lang vermutlich namenlos gebliebenes Beaglemädchen das Licht der Welt. Wobei: „Licht“ hat dieses Beaglemädchen zunächst wenig gesehen – auch nicht im übertragenen Sinne. Die ersten 6 Jahre lebte es auf der Schattenseite des Lebens: eingepfercht in einen Verschlag – von dem, was man heute „Welpenmafia“ nennt, als Gebärmaschine missbraucht.
6 Jahre lang produzierte das Beaglemädchen Welpen – einen Wurf nach dem anderen. Als das Beaglemädchen nicht mehr lukrativ produzierte und nur noch Einzelwelpen gebar, wurde es kurzerhand ausgemustert und mitsamt dem letzten Söhnchen dem Tierschutz übergeben. Von da an änderte sich sein Leben. Man schrieb das Jahr 2007.
Teil 2: Alles wird gut!
Dass es sich zum Guten änderte, das ahnte das Beaglemädchen zunächst nicht. Denn als es in die Obhut von Pflegemama Sabine gegeben wurde, da hatte es vor allen Dingen eines: ANGST! Ganz FURCHTBARE ANGST! So schlimm, dass es eine Weile in einem Abstellraum wohnte (und nur dann seine Geschäfte im Garten verrichten konnte, wenn die Familie das Haus verließ) und später in der Zimmerecke hinter dem Fernseher. Allerdings hatte das Beaglemädchen jetzt einen Namen! Es wurde Birte genannt! Und ganz vorsichtig und ganz langsam begann für die kleine Birte in ihrem neuen Leben die Sonne zu scheinen.
Neben Pflegemama Sabine und der zugehörigen zweibeinigen Familie sorgten auch spezielle Bodyguards für die Sicherheit des Beaglemädchens: Sie hießen Barry, Benny, Pacco und Penny und trugen alle den gleichen Nachnamen „Labrador“. Wenn die kleine Birte zwischen ihnen lief oder zwischen ihnen lag, dann fühlte sie sich in dieser Welt schon ein ganzes Stück sicherer.
Es verging 1 Jahr und man schrieb Sommer 2008. Noch immer lebte das Beaglemädchen auf seiner liebevollen Pflegestelle. Längst war es der Pflegemama ans Herz gewachsen, denn es war nicht nur ganz besonders lieb, sondern trotz aller Förderung und Fürsorge immer noch ganz besonders ängstlich und ganz besonders schutzbedürftig. Aber trotzdem würde es irgendwann in sein eigenes, ganz persönliches Zuhause ziehen sollen – wenn sich nur die richtigen Menschen fänden.
Das Zwischenspiel: Was nicht weit entfernt geschah
Zur gleichen Zeit begab es sich, gar nicht so weit von der kleinen Birte entfernt, dass nach 12 Jahren glücklichen Zusammenlebens die unvergleichliche Beagle-ine Asta zu Grabe getragen wurde. Die sehr kleine Karrierefrau hatte sich zu Lebzeiten nach 2 kargen ersten Jahren im Dienste der Pharmaindustrie (offizielle Berufsbezeichnung: Laborbeagle) als Gründerin des SPASS-MIT-HUND-Imperiums einen Namen gemacht und sich seither gerne im Mittelpunkt auch medialer Aufmerksamkeit gesonnt.
Wo so eine große Persönlichkeit geht, da entsteht eine große Lücke. Die Suche nach einer ebenfalls ganz besonderen Nachfolgerin begann.
Teil 3: Ein geheimes Königreich
Es bedurfte fast 20 Kennenlern-Treffs, bis das Beaglemädchen Birte überzeugt werden konnte, die liebe Pflegemama zu verlassen und ins neue Königreich zu übersiedeln.
Die Schutzbedürftigkeit und Verwundbarkeit dieses kleinen Wesens war viel größer, als die neue Mama und der neue Papa das gedacht hätten. Niemals würden sie in den nächsten 8 Jahren das kleine Geschöpf auch nur zeitweilig zur Betreuung lieben Familienmitgliedern und Freunden überlassen können. Und niemals würde es Orte besuchen können, an denen es von fremden Menschen nur so wimmelt. Und dennoch gab es keinen Tag, an denen die neuen Eltern nicht froh waren, dass es da war.
Ganz im Geheimen und nur im Kreise der Familie blühte das Beaglemädchen Birte auf: Wurde immer mutiger, immer frecher – und auch immer schöner und noch gesünder!
Hoch oben auf der Sofalehne blickte es durch die Panoramaverglasung auf sein Königreich hinab – und bewachte mit strengem Blick die Straße und die unterhalb liegende Stadt. Ganz bürgerlich hingegen das berufliche Interesse an der Recycling-Branche: Mehrmals täglich über die Altpapier-Kiste herzufallen und mit Klorollen oder Pizzakarton in der Schnauze von sich künstlich aufregenden Menschen durch die Wohnung verfolgt zu werden, entwickelte sich zum Lieblingshobby.
Nicht untypisch für kurvige Schönheiten dauerte es nicht lange, bis die Leidenschaft fürs Modeln geweckt wurde – ganz im Geheimen, versteht sich. Und so schaffte es die schöne Birte immerhin, ohne jemals im Lichte der Öffentlichkeit zu stehen, nicht nur in diverse Druckpublikationen (genau genommen: drei Bücher und noch mehr Zeitschriftenartikel), sondern erlangte auch als Covergirl von gleich zwei gut verkauften Buchtiteln Berühmtheit.
Und die Jahre vergingen…
8 glückliche Jahre vergingen. Und während alle anderen Hunde alterten, staunten die Menschen nicht schlecht, dass das Beaglemädchen Birte geradezu zeitlos schien. Im 16. Lebensjahr stehend, gut bemuskelt, mit glänzendem Fell und blitzenden Äugelchen, kein bisschen schwerhörig, fast frei von Alterszipperlein und unverändert helle im Kopf. Leider entschied eine höhere Macht, dass es irgendwann gut sei mit der langen Leihgabe dieses Engelchens auf Erden. Seine Menschen hatten 14 Tage, um sich auf den Abschied vorzubereiten – und es war wohl kein Zufall, dass das Beaglemädchen Birte, der Hund mit dem großen Herzen, dieser Welt bei strahlendem Sonnenschein am Valentinstag den Rücken kehrte… Auf Wiedersehen, kleine große Königin!