Von Zahngesundheit, Kauen und Co.
Der Vortrag von Dr. Matthias Eberspächer-Schweda, Leiter der Zahn- und Kieferchirurgie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, auf dem 6. Österreichischen Hundekongress am 23./24. Februar 2019 hat bei wohl allen Zuhörern tiefen Eindruck hinterlassen: Dem Thema Zahngesundheit müssen wir Hundeleute noch viel viel mehr Aufmerksamkeit schenken!
Vortrags-Big-Points komprimiert
- Zahnerkrankungen sind für Hunde genau so „Volkskrankheit“ wie für uns Menschen. Allerdings ist es aufgrund fehlender bzw. geringerer Kauflächen nicht der Kariesbefall, sondern Zahnsteinbildung in Kombination mit Zahnfleischerkrankungen (Gingivitis, Paradontitis), die unseren Hunden zu schaffen machen – und im fortgeschrittenen Stadium auch zu darüber hinausgehenden schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen können (Herz, Niere, Leber, Immunsystem,…).
- Auch, wenn wir es Hunden selten anmerken, wenn sie Zahnschmerzen haben: Es ist davon auszugehen, dass sie Zahnschmerzen ebenso verspüren wie wir Menschen – und dass Zahnschmerzen gerade im Alter die Hunde mindestens genau so, wenn nicht sogar noch mehr, beeinträchtigen als Schmerzen des Bewegungsapparates!
- Hunde können sich aufgrund ihrer Zahnform (eher spitze Ausformung als breite Kauflächen) die Zähne zwar deutlich besser reinigen als wir Menschen, aber eine tatsächliche Reinigungswirkung des Raubtiergebisses würde nur durch das Bearbeiten von Muskeln / Sehnen / Knorpel / Haut von Beutetieren erfolgen. Weiches bzw. püriertes Futter und selbst das härtere Trockenfutter sind nicht dazu geeignet, die Tag für Tag erforderliche Entfernung des Zahnbelages zu gewährleisten.
- Es gibt keine Alternative zum Zähneputzen als Prophylaxe: Dies sollte am besten sogar täglich geschehen, in Verbindung mit Zahnpflegeprodukten (z.B. nachgewiesen zahnpflegenden Kauartikeln, unabhängige Auflistung wirksamer Kau-Artikel unter www.vohc.org) allenfalls alle 2 Tage! Dazu sollte mindestens einmal jährlich eine gründliche tierärztliche Kontrolle des Gebisses erfolgen.
- Empfohlene unterstützende (aber keineswegs das Zähneputzen ersetzende) prophylaktische Maßnahme: Einsatz des Gebisses bei Kauspielen, Tragespielen (z.B. Dummys tragen) und an Spielzeugen (z.B. Moosgummispielzeuge). Wer Mahlzeiten selbst zubereitet, sollte möglichst größere Stücke zum Zerkauen belassen.
Interessante Fakten rund ums Kauen
- Unbedingt zu vermeiden ist das Herumkauen auf harten stabförmigen Objekten. Dabei explizit von Dr. Eberspächer-Schweda erwähnt: Knochen, Hartholzstöcke, und auch Kaugeweihe! Grund: Das Scherengebiss des Hundes mit ineinandergreifenden Zähnen ist sehr empfindlich gegenüber Hebelwirkungen. Dann drohen eine Zahnfraktur – bei sehr kleinen Hunden sogar einer Kieferfraktur!
- In Ordnung und aus Sicht der Zahngesundheit empfehlenswert sind jedoch „essbare“ (und damit beim Kauen aufweichende) Trockenkauartikel, zum Beispiel Ochsenziemer, Rinderhaut, Sehnen, …
- Da Dosenfutter oder pürierte Speisen für sich keine Reinigungswirkung entfalten: Wer sie verfüttert, sollte es im Kauspielzeug tun (Anregungen dazu gibt’s bei SPASS-MIT-HUND zum Beispiel in unserer Rubrik Schlemmen und Nagen)! Nicht nur für den Beschäftigungseffekt (neue Form = Gehirnjogging) sondern auch zur Optimierung der Zahnreinigungswirkung ist es dabei ratsam, zwischen verschiedenen Formen von Kauspielzeugen zu wechseln!
- Industrielle Zahnreinigungsprodukte, deren Wirksamkeit nach bestimmten Standards belegbar ist, werden von der herstellerunabhängigen Veterinary Oral Health Council mit einem Siegel ausgezeichnet. Die Lise der ausgezeichneten Produkte findet sich hier: vohc.org.