Schnellcheck: Das gute Hundebuch erkennen
In den letzten Jahren hat sich viel getan in der Hundewelt. Neues Wissen hat Einzug gehalten:
- Heute weiß man, dass ein freundlicher und gewaltfreier Umgang mit dem Hund nicht nur zu besseren Ergebnissen im Training führt, sondern vor allem auch Verhaltensprobleme vermeidet und löst.
- Hinzu kommt, dass veraltete Dominanz- und Rangordnungskonzepte aufgrund neuerer Erkenntnisse endgültig ad acta gelegt worden sind.
- Und: Dank aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse wissen wir viel mehr über das Gefühlsleben unserer Vierbeiner, das dem unseren gar nicht so unähnlich ist. Wir können sicher davon ausgehen, dass zumindest die „Grundgefühle“ gleich erlebt werden, darunter Angst und Freude. Ein weiterer Grund, achtsam und respektvoll mit unseren Hunden umzugehen.
Erfreulicherweise gibt es inzwischen eine Menge Bücher rund um Hundeverhalten, Hundeerziehung, Hundebeschäftigung oder Rassekunde, die dieses Wissen aufgreifen.
Und dennoch: Genauer hinschauen lohnt sich. Denn: Leider vermittelt auch aktuelle Literatur nicht automatisch neues Wissen.
Wie aber nun die Spreu vom Weizen trennen? Und wie das ganz auf die Schnelle tun? Nehmen wir an, wir stehen in der Buchhandlung vor einem Regal voller Hunde-Literatur. Da bleibt kaum Zeit, ein Buch auf Herz und Nieren zu überprüfen. Aber: Es gibt ein paar Themenbereiche, die sich besonders gut für einen Schnell-Check eignen. So paradox es auch klingen mag: Dies funktioniert am einfachsten anhand der Dinge, die in einem guten Buch NICHT erscheinen sollten:
- Tauchen die Begriffe rund um „Rudelführerschaft“, „Rangordnung“ und „Dominanz“ häufig in Texten und Überschriften auf? Wird häufig darauf hingewiesen, dass Grundlage allen Zusammenlebens ist, dass der Hund Sie als „Rudelführer“ anerkennt?
(Warum das im „Schnellcheck“ ein Ausschlusskriterium ist: Heute geht man davon aus, dass Hund und Mensch keine Rangordnung untereinander bilden und dass selbst Hunde untereinander keine starren „Rudelstrukturen“ entwickeln.) - Werden Wolfs- und Hundeverhalten bunt miteinander vermischt?
(Warum das im „Schnellcheck“ ein Ausschlusskriterium ist: Unsere Hunde sind zwar verwandt mit den Wölfen, aber beide haben sich längst auseinanderentwickelt. Wir Menschen würden schließlich auch nicht auf die Idee kommen, unser Verhalten ständig mit dem von Schimpansen zu vergleichen…) - Welche Strategien werden gegen Problemverhalten und unerwünschte Verhaltensweisen angewandt? Was wird getan, wenn Übungen nicht klappen? Wird mit Strafreizen gearbeitet? Werden „Rangordnungsmaßnahmen“ empfohlen?
(Warum das im „Schnellcheck“ ein Ausschlusskriterium ist: Man weiß mittlerweile, dass sich unerwünschtes Verhalten durch den Einsatz von Strafreizen in den meisten Fällen bestenfalls unterdrücken lässt. Häufig findet jedoch sogar eine Verschlimmerung statt bzw. es treten Nebenwirkungen psychischer oder physischer Art auf, die kaum kalkulierbar sind. Eine Vielzahl von Problemen als „Rangordnungsprobleme“ zu bezeichnen und entsprechende „Rangordnungsmaßnahmen“ zu empfehlen, entspricht nicht mehr dem aktuellen Kenntnisstand, s.o.) - Bei Büchern, die sich mit dem Training der Alltagstauglichkeit befassen, ist häufig das Kapitel zur Leinenführigkeit ein guter Ansatzpunkt: Wird der Leinenruck als Mittel zum Zweck vorgeschlagen oder wird gar der Einsatz von Zug-, Würge- oder Stachelhalsbändern empfohlen? Wird viel „Hand“ angelegt, wenn es darum geht, den Hunden Übungen beizubringen (zum Beispiel: werden sie ins „Sitz“ oder „Platz“ gedrückt?)
(Warum das Ausschlusskriterien im „Schnellcheck“ sind: So wird heutzutage nicht mehr gearbeitet. Wer erreichen will, dass Hunde freudig und zuverlässig mitarbeiten, der setzt auf Kooperation statt Druck. Und spätestens seit wir Hundeleute wissen, dass Hunde-Halswirbelsäulen genau so empfindlich sind wie die von uns Menschen (und dass Hunde häufig, genau wie wir, an Verspannungen, Kopf- und Rückenschmerzen leiden), ist der Leinenruck verpönt.
Wenn Sie das Gefühl haben, eine oder mehrere dieser Fragen eindeutig mit „Ja“ beantworten zu können, dann tun Sie sich und Ihrem Hund wahrscheinlich einen Gefallen damit, das gerade aufgeschlagene Buch wieder aus der Hand zu legen und noch ein wenig weiter zu suchen, denn diese Bücher spiegeln nicht den aktuellen Wissensstand rund um Hundeverhalten und Hundetraining wieder.