Hundeglück im Schuhkarton
Karton, Packpapier, Papprollen von Klo- und Küchenpapier: in jedem Haushalt gibt es das zuhauf. Die Idee, dem eigenen Hund damit Snackpakete zu basteln und ihn nach Herzenslust kauen, schreddern und nagen zu lassen, hat sich unter uns Hundeleuten inzwischen herumgesprochen – zur Freude unserer Vierbeiner.
Wie man aus diesem simplem Beschäftigungsspaß gleich noch mehr Freude zaubern kann – und wie aus etwas Verpackungsmaterial ein großes „Hundeglück im Schuhkarton“ für Tierheim-Hunde werden kann, dazu erreichte uns vor einiger Zeit ein Newsletter von Sonja Hoegen (www.dogcom.de) – mit einer sympathischen Idee, die es verdient, geteilt und verbreitet zu werden.
Hundeglück, das steckt dahinter: ein Erfahrungsbericht
Lesen Sie selbst, den (leicht gekürzten) Bericht inklusive Fotos von Sonja Hoegen:
„Vor einer Woche kehrte ich aus Bilbao, Nordspanien, zurück. Dort erhielt ich freien Zugang zu einer Perrera (Tötungsstation) mit Hilfe einer mir verbundenen Tierschützerin, Rebecca Mönch von der Tierhilfe Arme Pfoten (www.arme-pfoten.eu). … Es gäbe viel zu berichten über die dort verbrachten Tage, doch ich möchte mich auf die schönen Momente beschränken. Rebecca und ich überlegten uns, wie wir den Hunden etwas Gutes tun können, …. So entstand das „Hundeglück im Schuhkarton“ (angelehnt an die Kinderaktion „Weihachten im Schuhkarton“).
Fast alle Hunde sitzen in kleinen Zwingern in Einzelhaft. Wochentags verlassen sie für etwa zehn Minuten diese Zwinger, kommen in einen Auslauf, damit der Zwinger gereinigt werden kann. Und das war es. Kein Streicheln, keine Beschäftigung, kein Spielen, kein Spazierengehen. Dafür fehlen die freiwilligen Menschen. Manche Hunde verbringen Jahre in diesen Zwingern. In einem freien Leben in der Natur arbeiten Hunde viel mit ihrem Gebiss. Sie zerlegen ihre Beute, reißen das Fleisch von den Knochen. Das Malmen der Kieferknochen setzt Glückshormone frei, macht glücklich und zufrieden. Anstelle eines toten Rehs wollten wir den Hunden gefüllte Kartons in die Zwinger legen, die sie erkunden, aufreißen und einfach genießen durften. Stress abbauen, Beschäftigen ohne großen Aufwand hieß das Ziel. Ein Moment wahren Glücks herbeiführen.
Auf unsere Bitten hin erreichten uns von Kunden und Tierschutzfreunden zahlreiche Kartons, liebevoll und kreativ gepackt. Am ersten Tag der Aktion stellten wir den zirka 40 Hunden die Päckchen in die Zwinger – sie wussten kaum was damit anzufangen. Sie waren so abgestumpft oder misstrauisch oder überdreht. Wir öffneten sie ein bisschen vor ihren Augen, und dann erledigten die Hunde begeistert den Rest. Zeitungspapierfetzen flogen. Spielzeug wurde herumgeworfen. Leckerchen verschlungen. Kausachen hingebungsvoll zermalmt. Danach lagen leider nur wenige, aber immerhin ein paar Hunde hin, und schliefen inmitten von Pappresten zufrieden ein.
Am zweiten Tag gab es schon ein paar Profis, die sich auf die Kartons stürzten, kaum waren sie hingestellt. Und so geschah es, dass tatsächlich für eine gewisse Zeit lang kein einziger Hund bellte, heulte, jaulte. 27 Sekunden lang Stille. Es war die längste Zeitspanne Ruhe während meines ganzen Aufenthaltes dort.
Zu meiner großen Freude haben Tierschutzfreunde hierzulande die Idee aufgenommen, denn nicht nur spanische Hunde freuen sich über die Glückspäckchen.“
Eine Idee breitet sich aus
Wir meinen: Diese Idee ist es wert, weitergetragen zu werden! Denn abgesehen davon, dass Hunde das Auspacken, Schreddern und Kauen lieben, trägt es zum Stressabbau bei und sorgt für Wohlgefühle! Wir wissen , dass das Hundeglück im Schuhkarton bereits Kreise gezogen hat und dass inzwischen in immer mehr Tierheimen gebastelt und ausgepackt wird – ganz besonders, aber nicht nur in der Vorweihnachtszeit!
Tipps für Organisatoren
Sie möchten selbst eine Aktion im Tierheim starten? Wenn Sie dauerhaft Ihre Besucher animieren wollen, Beschäftigungspakete zu packen und vorbeizubringen, erstellen Sie am besten einen Handzettel mit einer Bastelanleitung.
Beschäftigungskiste für Tierheimhunde - eine Anleitung
- Der Inhalt: maximal 1 Kauartikel und eine Hand voll Leckerlis.
- Verpacken Sie Kauartikel und Leckerchen einzeln in Packpapier und/oder Papprollen von Toiletten- oder Küchenpapier.
- Füllen Sie die Päckchen in einen Karton beliebiger Größe. Versichern Sie sich vorher, dass sich am und im Karton keine Metallklammern, Plastikfolie, Klebeband- oder Klebstoffreste oder schädliche Inhaltsrückstände befinden.
Wenn Sie Bastelaktionen bei Ihnen im Tierheim planen (zum Beispiel als Adventsbasteln für Kinder), erstellen Sie doch einen Aushang und geben diesen zur Vorankündigung auch an die Presse (Zeitung, Lokalradio). Hier ein Beispiel für einen Infozettel / Aushang für eine Bastelaktion im Tierheim Soest im Advent 2019. Falls Sie Textbausteine davon verwenden möchten: Bedienen Sie sich :-)
Für einen vorweihnachtlichen Bastelnachmittag mit Kindern haben wir gute Erfahrungen mit folgendem Ablauf:
Musterablauf Bastelaktion mit Kindern:
- Den Kinder wird erst vorgestellt, welche Hunde derzeit im Tierheim sind. Jeder darf sich dann aussuchen, für wen er/sie am liebsten basteln möchte (bislang sind dabei immer alle Hunde berücksichtigt worden). Außerdem darf natürlich auch ein Snackpaket für den eigenen Hund zuhause gepackt werden. Für einen auspackerfahrenen Langzeitinsassen wird außerdem gemeinsam ein großes „Knusperhaus“ erstellt (großer Karton, der mit verschiedenen Leckerbissen dekoriert ist – als guter „Kleber“ für z.B. Hundekekse eignet sich Hundeleberwurst).
- Gebastelt wird in der weihnachtlich geschmückten Tierheimcafeteria. Wir zeigen den Kindern zunächst anhand eines Musterpäckchens, wie viele Teile in jedes Päckchen kommen (damit kein Hund sich den Magen verdirbt) und wie sie verpackt werden können (in Packpapier, Klopapierrollen,…). Ganz wichtig: In die Päckchen, die noch am gleichen Nachmittag überreicht geben, legen wir immer auch ein paar leicht erreichbare Fleischwurstbröckchen. Dies gewährleistet, dass auch besonderes aufgeregte oder schüchterne Hunde sich über die Päckchen freuen. Außerdem gehört zu jedem Bastelvorgang auch die anfängliche Kontrolle durch die Kinder, ob wirklich keine Kleberreste, Klammern etc. mehr im Karton sind. Die fertigen Päckchen werden zunächst unter einen Tannenbaum oder auf einen Gabentisch gelegt.
- Alle gemeinsam ziehen dann mit den Päckchen los zum Hundehaus. Falls es sich organisatorisch einrichten lässt, dürfen die Kinder das Paket für „ihren“ Hund selbst in den jeweiligen Auslauf legen (der Hund ist während dieser Zeit selbstverständlich nicht dort drin). Wir weisen beim Ablegen darauf hin, dass sicherheitshalber die Kartons etwas geöffnet werden sollen, damit auch auspack-unerfahrene Hunde eine Chance haben, an den Inhalt zu kommen. Dies ist ganz wichtig, damit auch die bastelnden Kinder nicht enttäuscht werden („Der Hund mag mein Paket nicht…“). Anschließend positionieren sich die Kinder mit etwas Abstand, so dass sie beim Auspacken zuschauen können. Wir geben Hinweise, nicht zu nah an das Gitter heranzutreten, um die Hunde nicht zu bedrängen.
- Dann kommt der spannend Moment und die Hunde kommen in die Ausläufe und finden ihr Überraschungspaket.
- Zum Schluss wird in einem Auslauf das große Knusperhaus für den auspackerfahrenen Langzeitinsassen präsentiert. Es ist dann jedes Mal ein Highlight, das engagierte „Plündern“ und Umwerfen zu beobachten.
- Die Aktion dauert insgesamt 2 Stunden.
Tipps für Bastler
Bevor Sie aktiv werden und alleine, mit Freunden, auf dem Kindergeburtstag oder mit der Kindergartengruppe basteln, erkundigen Sie sich sicherheitshalber bei Ihrem örtlichen Tierheim, ob die Pakete willkommen sind und was Sie beim Basteln beachten sollten.
Fotos der auspackenden Hunde: Sonja Hoegen/Rebecca Mönch