Der Umgang mit der Leine
Wann immer Sie mit Ihrem Hund unterwegs sind, brauchen Sie sie: die Hundeleine! Sei es, weil Sie in Gegenden laufen, in denen Leinenpflicht herrscht. Sei es, weil Ihr Hund jagt, ein Angsthund ist, noch nicht in allen Situationen abrufbar ist oder es sonst einen Grund gibt, warum Ihr Hund zumindest zeitweise an der Leine bleiben muss. Es gibt kaum ein anderes Accessoire, das so zwiespältige Gefühle auslöst: Einerseits versetzt der Griff nach der Leine zuhause viele Hunde in Partystimmung – der Ausflug beginnt! Andererseits bedeutet der Griff nach der Leine während des Spaziergangs für viele Hunde – und auch Menschen: Spaß zu Ende! Hier erfahren Sie, wie Sie das ändern können – und wie ein bewusster Umgang mit der Leine unseren Hunden das Zusammenleben mit uns Menschen noch weiter verschönern kann.
Bitte nicht ziehen!
Lange Zeit haben wir Zweibeiner die Leine als Erziehungsmittel genutzt: Der Leinenruck als vermeintliches Mittel zur Leinenführigkeit. Ein ordentlicher Ruck, um den „ungehorsamen“ oder „aggressiven“ Hund auf dem Spaziergang zur Raison zu bringen. Sogenannte „Legleader“ und andere Kurzführer, um sich den Hund regelrecht ans Bein zu binden – nur wenn er daran klebt, entgeht er dem sonst unvermeidlichen Ruck.
Inzwischen wissen wir es besser: Wir wissen um die Empfindlichkeit von Halswirbelsäulen, Kehlköpfen und des Hunderückens. Wir wissen, dass Hunde Schmerzen genau so empfinden wie wir. Und wir wissen, dass Leinenruck & Co. neben der Gesundheit auch die Beziehung und das Vertrauen, das der Hund in uns setzt, demolieren.
Und trotzdem: Das Erbe des antiquierten Umgangs mit der Leine ist anscheinend noch tief in unseren menschlichen Gehirnen verwurzelt – und wir werden es nur schwer wieder los. Allzu oft sieht man, dass Hunde quasi über die Leine geführt werden. Sollen sie irgendwo hin gehen (zum Beispiel an die Wegseite gehen, wenn ein Jogger kommt), werden sie dorthin gezogen – statt zum Beispiel über die Hand geführt. Immer wieder kommt es vor, dass ein Mensch einfach vor sich hin spaziert – und gar nicht nach dem „zurückgebliebenen“ angeleinten Hund schaut. Ob dieser gerade versunken in eine Schnüffelstelle ist oder als Hundesenior eigentlich mit dem Tempo seines Menschen nicht mehr mithalten kann: Er muss sehen, dass er hinterher kommt, um nicht von den Füßen gezogen zu werden.
Dabei ist das von uns Menschen meist überhaupt nicht böse gemeint. Wir denken bloß nicht darüber nach!
Die Lösung dafür ist ganz simpel – und liegt schlicht und einfach in einer Bewusstseinsänderung! Werfen wir unsere überlegenen Gehirne an und machen wir uns ganz deutlich:
- Am Ende der Leine befindet sich ein lebendiger Körper! Mit empfindlichen Halswirbelsäulen, einem Hang zu Rückenproblemen, manchmal schmerzenden Hüften oder Ellenbögen – ein schmerzempfindliches, fühlendes Wesen!
- Am Ende der Leine befindet sich ein Familienmitglied: ein Lebewesen, das uns nahesteht! Gehen wir so respektvoll mit dem Hund an der Leine um, wir es mit einem Kind an der Hand oder unserer Oma an unserem Arm tun würden.
Meist reicht allein dieses Bewusstsein schon aus, um unseren Umgang mit der Leine zu verändern – und unseren Hunden dadurch ein Stückchen Lebensqualität zu schenken!
Sie möchten noch ein paar Tipps, was Sie konkret tun können?
- Wenn Sie Ihren angeleinten Hund an eine bestimmte Stelle führen möchten, dann führen Sie ihn möglichst über die Hand oder über Stimme, anstatt ihn an der Leine dort hinzuziehen. Es ist ganz einfach, Hunden beizubringen, der Hand zu folgen. Viele Hunde tun das sogar von selbst – weil sie menschliche Zeigegesten verstehen und auch gelernt haben, dass menschliche Hände oft Futter in sich tragen und dass es sich lohnt, der ausgestreckten Hand zu folgen. Wenn Sie keine Lust haben, mit Ihrem Hund gezielt zu üben, dann nehmen Sie einfach ein Futterbröckchen als „Magnet“ (das Sie Ihrem Hund nach dem Folgen dann geben). Sie werden schnell sehen, dass er immer besser auf Ihre Hand reagiert.
- Haben Sie ein Auge dafür, wenn Ihr angeleinter Hund plötzlich stehenbleibt. Gehen Sie dann nicht einfach weiter, bis dass sich die Leine strafft und Ihren Hund mitreißt, sondern warten Sie. Gerade zum Schnüffeln sollten Sie Ihrem Hund bewusst viel Zeit geben – es ist für ein glückliches Hundeleben ganz wichtig! Wenn Sie nicht immer auf jedes Schnüffeln warten wollen und können, dann üben Sie mit Ihrem Hund ein Folgesignal ein, das ihm sagt: „Jetzt bitte weitergehen!“
- Wenn Ihr Hund generell viel langsamer unterwegs ist als Sie, passen Sie sich seinem Tempo an. Er wird seine Gründe haben, warum er nicht mithält: Vielleicht, weil er so kurze Beine hat, weil er betagt ist, weil ihn ein Wehwechen plagt (das Sie natürlich beim Tierarzt checken lassen), oder weil die Welt am Wegesrand so schrecklich interessant ist. Bleiben Sie neben oder sogar ein Schrittchen hinter ihm und hetzen Sie ihn nicht – denn ein vorweggehender Mensch fordert aus Hundesicht zum Mithalten auf! Wenn Sie die Langsamkeit bislang langweilig fanden, entdecken Sie sie für sich und konzentrieren Sie sich auf die Details am Wegesrand: Welche Pflanzen wachsen dort, wie sind Vorgärten und Fenster dekoriert, welche Geräusche und Gerüche nehmen Sie wahr? Das kann sehr anregend sein! Wenn Sie selbst zügiger unterwegs sein möchten, beispielsweise beim Walken, Joggen oder Radfahren, dann planen Sie dafür Extra-Zeiten ein und lassen Sie Ihren Hund dabei zuhause. Das gilt übrigens genau so, wenn Ihr Hund überwiegend im Freilauf mit Ihnen unterwegs ist, aber für gewöhnlich viel langsamer ist als Sie!
- Natürlich kann es vorkommen, dass Sie Ihren Hund auch schnell einmal wegziehen müssen: Wenn er Unrat fressen möchte oder wenn ganz überraschend plötzlich ein Radfahrer um die Ecke geschossen kommt, zum Beispiel. Oder wenn er sich gedankenverloren so an einer Schnüffelstelle festgesaugt hat, dass er weder auf das näher kommende Auto noch auf Ihre Ansprache achtet. Wenn eben möglich, seien Sie so fair und machen Sie es sich zur Gewohnheit, es Ihrem Hund anzukündigen, dass er jetzt weggezogen wird, z.B. durch das Wort „Ziehen!“ So hat er selbst noch die Chance, sich darauf einzustellen, ehe er von den Füßen gezogen wird. Übrigens: Für Fälle, in denen sich die Leine doch mal spannt, ist ein Brustgeschirr Gold wert und schont den empfindlichen Hundehals!