Vom 15.-20. November 2024 war es zum 6. Mal soweit: Der 6. kostenlose Online-Hundekongress ging an den Start.
Es ist immer wieder ein Erlebnis, wenn Organisatorin Ariane Ullrich über 30 Hunde-Fachleute (die bislang immer für einen respektvollen, freundlichen Umgang mit dem Hund standen, wenngleich beim aktuellen Kongress einzelne Ausnahmen dabei waren) zusammen trommelt und sie zu ihren jeweiligen Spezialthemen interviewt. Auch wir durften wieder dabei sein und haben mitgemischt bei der Podiumsdiskussion „Wieviel Beschäftigung braucht mein Hund?“. Und: Wie immer haben wir den Kongress im Blog begleitet und an den Kongresstagen und danach hier auf dieser Seite „Wissensschnipsel“ aus den von uns geschauten Interviews und Webinaren zusammgetragen (siehe unten).
Hundekongress und Kongress-Videos schauen - wie geht das?
Und hier kommt der Überblick über die Kongresstage 2024. Wann immer wir ein Video schauen, tragen wir Wissenswertes daraus zusammen. Wir haben dabei ausschließlich Interviews geschaut und empfohlen, deren Referentinnen wir für einen freundlichen und respektvollen Umgang mit Hund wie Mensch kennen! Und weil man so viel auf einmal gar nicht gucken kann: Auch an den Tagen nach dem Kongress kommt für alle Kongresstage noch Interessantes dazu!
Das war Kongresstag 1:
Wir sind gleich mit einem Lieblingsthema eingestiegen:
Die spielerische Verbesserung von Körperwahrnehmung, Körperkoordination und Balance trägt dazu bei, dass Hunde auch mental ausgeglichener und ausbalancierter sind! Daher haben wir das Interview mit Carmen Heritier von Gymnastricks beim Online-Hundekongress besonders genossen, mit vielen handfesten Tipps zur Förderung von Ruhe, Fokussiertheit und Konzentration bei sogenannten hibbeligen Hunden. Nur ein paar der vielen Ideen in der Zusammenfassung:
- Einen tollen Einstieg ins Abwarten, Konzentrieren und Kopfeinschalten ist das einfach zu erlernende Bucket Game von Chirag Patel, bei dem der Hund spielerisch lernt, ein futtergefülltes Behältnis ruhig anzuschauen, um daraus belohnt zu werden. Wer wissen will, was es ist und wie es geht, hier ein Seminar-Ausschnitt mit Chirag Patel bei Youtube:
- Darauf aufbauend sind isometrische Übungen toll zur Förderung der Körpereigenwahrnehmung.
- Einer unserer Favoriten: Langsame Bewegungen auf unterschiedlichen Untergründen, einfachst zu realisieren durch die Suche nach ausgestreutem Futter, beispielsweise auf unebenem Waldboden.
Und weiter geht’s!
Neu und anderes = Gehirnjogging. Das ist auch unser Credo, wenn es um Beschäftigungsmöglichkeiten geht. Denn immer nur das Gleiche machen, ist keine Kopfarbeit mehr. Wer Longieren, Treibball oder Flyball mag und Lust auf Kreativität auf hohem Niveau hat, der ist bei Anja Jakob genau richtig, denn sie hat tolle Ideen, das Altbekannte neu zu kombinieren. Ein Beispiel ist der abgebildete Parcours.
Was mit dem Hocker zum Beispiel geht: Vorderpfoten drauf, Hinterpfoten drauf, rechts oder linksrum umrunden. Was mit dem Tunnel gehen könnte: Durchlaufen, durchkriechen, rechts dran vorbeilaufen, links dran vorbeilaufen, umrunden. Was mit der Hürde gehen könnte: Drüber springen, drunter her gehen, drunter her kriechen, rechts oder linksrum umrunden. Und am Ende steht eine Schnüffelaufgabe unter den Hütchen und anschließend geht’s mit anderen Anforderungen Element für Element zurück. Sehr cool!
Weil der Garten noch winterfest gemacht werden musste, war Kongresstag 1 viel zu schnell vorbei (da hilft wohl nur der Kauf des Kongresspaketes ;-). Und schon stand Tag 2 vor der Tür…
Das haben wir bislang geschaut:
Michaela Artwohl ist u.a. Expertin für Nasenspiele und der kleinschritte, erfolgsorientierte Aufbau ihrer Spiele macht einfach Spaß. Im Workshop mit Kongress-Gastgeberin Ariane Ullrich und Arianes drei Hunden erklärt sie die Grundzüge den Aufbau
- der Suche nach Futter „sauber“ auf Signal,
- der Suche nach Geldscheinen,
- die Grundzüge des Geruchsmemorys.
Weil wir verliebt in das Einfache sind: Das vorgestellt Spiel der „Abrissbirne“ (siehe Screenshot aus dem Interview unten), bei dem eine immer größer werdende, futtergefüllte Klopapierpapprollen-Burg vom Hund umgeworfen und geplündert wird, hat uns besonders gut gefallen:
- Gerade, weil einstöckig angefangen wird und erst allmählich in die Höhe gebaut wird und zudem die Papprollen sehr soft und geräuscharm umfallen, kann das Spiel zum tollen Empowerment für schüchterne und auch geräuchempfindliche Hunde werden.
- Außerdem macht Klorollenburgenbau einfach Spaß und ist (nicht nur) für Kinder eine schöne Beschäftigung mit Hund.
Nebenher noch eine spannende Kleinigkeit, die uns in Kürze mal wieder in den Baumarkt treiben könnte: Michaela Artwohl hat Entwässerungsrinnen / Drainrinnen als praktische Tools bei Geruchsmemory-Spielen vorgestellt: Diese sind mit einem Gitter abgedeckt und man kann die Döschen und Gläschen mit den Duftstoffen dort nebeneinander hineinstellen.
Was gibt es Schöneres, als sich den Sonntagnachmittag mit Giardien und Würmern zu versüßen, haha? Nein, ganz im Ernst: Die Vielfalt der Themen und ExpertInnen ist es, die den Online-Hundekongress so unglaublich spannend macht. Und so ist auch das Interview mit Dr. Miriam Jäger, Diplombiologin und promovierte Veterinärbiologin mit Spezialisierung auf Parasiten und Diagnostik, zum Thema „Endoparasiten“ (also Parasiten, die im Hund wohnen, z.B. Würmer und Einzeller) super interessant und informativ. Und erfreulicherweise auch vergleichsweise entspannt und fern von jeglicher Panik-Mache!
Credo zunächst: Präventiv gegen Endoparasiten kann ich wenig tun – außer, dass mein Hund bei insgesamt guter Gesundheit, guter Fitness und guter Ernährung ist. Und wenn man den Hund auch mal Hund sein lässt, der draußen „im Matsch spielen“ darf oder gelegentlich das eine oder andere aufsammelt, dann ist es auch völlig normal, dass gelegentlich mal ein Parasit in den Hund kommt. Die Devise lautet: den Hund gut beobachten, bei Auffälligkeiten wie Bauchschmerzen oder wiederkehrendem Durchfall auch auf Parasiten untersuchen und dann ggf. schnell behandeln!
Kleiner aufschlussreicher Auszug aus den vielen Infos:
- Schreckgespenst Giardien: Dass sich Giardien manchmal vermeintlich ewig halten, hat erklärbare Ursachen: Auch abgestorbene Giardien verbleiben noch in der Darmschleimhaut – und sorgen für einen unverändert positiven Test auch nach erfolgreicher Behandlung. Dass der Kot noch matschig ist, kann an der vorherigen Schädigung des Darms liegen. Wenn dann auf Verdacht weiter behandelt wird , werden auch wichtige Darmbakterien eliminiert, was die Reizung des Darms wiederum verschlimmert. Die Lösung ist ein mikroskopischer Direktnachweis nach der ersten Behandlung (denn nur der zeigt, ob Giardien noch leben) – und ein gezielter „Darmaufbau“ nach der Behandlung.
- Die gute Nachricht: Beim erwachsenen, deutschen Familienhund zeigen Studien und Erfahrungswerte, dass diese kaum Parasiten haben und somit eine routinemäßige und sehr engmaschige präventive Gabe von Chemikalien nicht gerechtfertig ist. Der Expertentipp für die Wurmkur: 3-4 Mal im Jahr den Kot untersuchen lassen und bei Befund behandeln – oder direkt eine Wurmkur verabreichen.
Und schon war Tag 3 da!
Wir haben mal mit einem auf den ersten Blick etwas trockenen Thema angefangen, das sich jedoch als sehr spannend und vor allem wichtig entpuppte: Versicherungen!
Krankenversicherungen für Hunde werden immer wichtiger! Seit der Erhöhung der GOT (der Gebührenordnung für Tierärzte, die zuvor über Jahre nicht angehoben wurde) sind die Tierarztkosten immens gestiegen. Die Kosten für OPs haben sich teils fast verdoppelt. Wer nicht 10.000 – 20.000 € sofort verfügbar auf dem Konto hat, der tut gut daran, über eine Hunde-Krankenversicherung zu reden. Diese Tipps gibt die auf Tierversicherungen spezialisierte Versicherungsmaklerin Christine Schramm:
- Es gibt OP-Versicherungen und Vollversicherungen – wobei es keinen Tarif gibt, der komplett alles absichert (z.B. Impfungen, Blutbild zum allgemeinen Check). Es werden immer nur Eingriffe / Behandlungen versichert, die zur Wiederherstellung des Gesundheitszustands dienen.
- Wer einen erwachsenen Hund mit gesundheitlichen Vorbelastungen versichern möchte, muss damit rechnen, dass nur eine OP-Versicherung möglich ist.
- Bereits bekannte gesundheitliche Vorbelastungen zu verschweigen, macht keinen Sinn, denn im Zweifelsfall darf die Versicherung auch die Krankenakte des Tierarztes einsehen. Die Schadensabteilungen der Versicherungen checken im Zweifelsfall sogar das Social Media Profil der Besitzer, ob vielleicht zuvor bereits eine Vorbelastung erwähnt wurde.+
- Gerade bei der Adoption eines Tierschutzhundes mit unbekannten gesundheitlichen Herausforderungen sind ein schneller Abschluss der Versicherung und kurze Wartezeiten im Tarif wichtig. Denn: Ist erst ein gründlicher Tierarztcheck gemacht und sind gewisse gesundheitliche Probleme in der Krankenakte, dann sind sie von der Versicherung ausgeschlossen.
- Der Tarifdschungel ist extrem groß und es ist auf Feinheiten im Vertrag zu achten, die der Laie kaum überblicken kann (günstig ist z.B. die Formulierung „Angeborene Fehlentwicklungen sind mitversichert, wenn sie bei Antragstellung noch nicht bekannt waren.“). Christine Schramm empfiehlt unbedingt, für den Versicherungsabschluss einen Versicherungsmakler heranzuziehen, der bei der Auswahl hilft.
Weil die Vorbereitungen für unsere Mitwirkung an der Podiumsdiskussion anstand, schauen wir weitere Interviews aus Tag 3 erst etwas später … und waren schon bei Tag 4:
Und dann war es endlich soweit. „Unsere“ Podiumsdiskussion, in der auch SPASS-MIT-HUND mitmischen durfte, ging an den Start.
Schön war’s – und inspirierend und lustig und informativ. Mit Dagmar Spillner, Carmen Schweizer und Gastgeberin Ariane Ullrich auf dem virtuellen Podium über Beschäftigung zu reden, hat riesig viel Spaß gemacht. Wir waren uns ziemlich einig: Gute Beschäftigung zielt darauf ab, dass die Hunde ihre arteigenen körperlichen, geistigen und auch sozialen Bedürfnisse ausleben dürfen – und ist so individuell, wie die Hunde unterschiedlich sind. Besonders wertvoll: Miteinander Spaß haben, die Leichtigkeit genießen und auch mal Fünfe gerade sein lassen.
Und verflixt nochmal, genau zwei Tage zu früh haben wir unseren Garten geharkt (was ziemlich genau 1 x im Jahr vorkommt), ansonsten hätten wir gleich heute alles Laub zu einem schönen langen Streifen zusammengeharkt und darin alles Mögliche an Futter, Spielzeugen, Düften zum Erschnüffeln verschwinden lassen (eine Idee, die Carmen vorgestellt hat). Und wer anschließend den Socktopus nicht mitgebastelt hat, der wird ihn (und ebenso Arianes und Dagmars geniale Socken-Challenge) wiederfinden im SPASS-MIT-HUND-Hundespiele-Mitmach-Adventskalender 2024. Die Ideenschmiede „Neues Leben aus alten Socken“ haben wir direkt zu Kongressende eröffnet!
- Stabilisieren (das Leben für den Hund so angenehm wie möglich machen, Befriedigung seiner Grundbedürfnisse ermöglichen, sichere Orte anbieten, liebevolle und vorsichtige Beziehungsangebote machen)
- Fördern (kleine Spiele und Tricks zur Förderung von Selbstwirksamkeit, Neugier und Optimismus)
- Fordern (erst dann wird gezielt an Angstauslösern gearbeitet).
Und direkt zum nächsten Beitrag: ein Kurzwebinar!
Jeder Hundemensch kennt das: Es kommt ein Hund entgegen. Und entweder der eigene Hund oder der andere Hund legt sich hin und „lauert“. Christiane Jacobs von Sprich Hund erklärt, was dahinter steckt. In der Regel ist es eine Unsicherheit in Begegnungen und eine Bitte um mehr Abstand. Wie wir helfen können: Wenn der eigene Hund lauert, versuchen, ihn in Bewegung zu halten, die Distanz zu vergrößern, den Blickkontakt zum anderen freundlich (!) unterbrechen. Wenn das Gegenüber lauert: Mit dem eigenen Hund nicht frontal darauf zugehen, sondern einen in Hundesprache höflichen Bogen schlagen. Rücksichtnahme kann so einfach sein :-)
Und schon war der letzte Kongresstag angebrochen:
Darauf waren wir natürlich neugierig – zumal wir mit Carmen Schweizer ja am Vorabend noch auf dem Online-Podium gesessen haben:
Carmen ist, gemeinsam mit Corinne Kaelin von dog-ibox, Mit-Erfinderin der Dogli-Beschäftigungs-App. Diese hat sie im Interview vorgestellt. Carmens Verständnis von Beschäftigung und Enrichment ist ein ähnliches wie unseres: dem Hund, dessen Leben extrem von uns Menschen beinflusst wird, das Ausleben von arteigenen Bedürfnissen und Lieblingshobbies zu ermöglichen.
Im Interview hat sie ein paar schöne Ideen vorgestellt:
- Carmen hat zuhause eine Kiste stehen, in der ihre Hunde täglich wechselnd 6-8 Hundespielzeuge finden. Diese sind zur freien Verüfgung und die Hunde dürfen sich beliebig damit befassen.
- Mit ihrer Hündin geht Carmen gerne auf Sniffari: An der Schleppleine geht’s in ein Waldstück. Dort darf die Hundedame für eine gewisse Zeit tun und lassen, was sie möchte: Schnüffen, stöbern, Spuren verfolgen – egal!
- Trockenfutterration im Sommer in kleine Behältnisse geben, und diese in einer flachen Kiste zu Wasser lassen. Interviewerin Ariane hat noch ihre eigenen Ansätze ergänzt: Die kleinen Behältnisse sowohl mit futtergefüllten als auch mit leeren Klopapier-Papprollen füllen und beobachten, wie der Hund seine Auswahl trifft.
- Putzlappen mit Futter bestücken, aufwickeln und in einen Gitter-/Wabeball stopfen.
Die Vielfältigkeit beim Hundekongress ist großartig. Vor allen Dingen, wenn Expertinnen und Experten zu Wort kommen, die für ihr Fachgebiet brennen. So, wie Dr. Kathrin Busch, Oberärztin der Gastroenterologie der Tierärztlichen Fakultät der LMU München.
Nach ihrem Interview wissen wir, was das intestinales Mikrobiom ist: nämlich die Darmflora bzw. die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die im Darm leben. Auch, wenn die Forschung dazu noch ganz am Anfang ist: Es ist überraschend und faszinierend, welchen Einfluss das Mikrobiom auf Hund wie Mensch hat. Es ist davon auszugehen, dass viele Krankheiten mit einer sogenannten Dysbiose zu tun haben. Die entsteht, wenn die „guten“ Bakterien herunterreguliert werden und die „weniger guten“ Bakterien (die beispielsweise Entzündungsprozesse begünstigen) die Oberhand gewinnen: Beim Menschen kennt man den Zusammenhang z.B. mit Diabetes Typ 2 und sogar ADHS. Es deutet vieles darauf hin, dass dies auch für Hunde gilt. An der LMU München hat gerade eine Studie gestartet, inwieweit Magen-Darm-Erkrankungen mit Verhaltensproblemen (Angst, Aggression, ADHS) zummenhängen.
Es lohnt sich also, das Mikrobiom zu pflegen und ggf. auch wieder aufzubauen (Dr. Kathrin Busch stellte in dem Kontext die Potenziale einer sogenannten „Kottransplantation“ vor).
Spannens übrigens auch: Dass ein gutes Futter „getreidefrei“ sein muss, entbehrt jeglicher Grundlage. im Gegenteil: Wir brauchen einen Anteil von Kohlenhydraten, darunter auch nicht fermentierbare Fasern, die übrig bleiben für unsere Bakterien. Ein Futter, dass ohne uaskommt, kann zur Dysbiose führen.