Für uns Zweibeiner ist die Sache klar: Wir sitzen viel zu viel. Deshalb tun wir mit den Crazy Moves Vergnügliches gegen unsere Sesshaftigkeit und für die bewegte Pause. Doch wussten Sie: Auch Hunde machen zu viel „Sitz“! Deshalb darf dieser Denkanstoß nicht fehlen!
Wo liegt das Problem?
Sitz ist so ziemlich die erste Übung, die wir unseren Hunden beibringen. Jeder kennt es, jeder kann es. Und zugegebenermaßen ist es sehr praktisch: „Sitz“ statt Anspringen. „Sitz“ als „Bitte“ sagen. „Sitz“ an der Bordsteinkante. Und so weiter. Allerdings: Macht es wirklich Sinn, dass wir das Sitzen das ganze Hundeleben lang in extremer Häufigkeit und teils auch Dauer (zum Beispiel im Hundesport) abrufen?
Die norwegische Hunde-Expertin Turid Rugaas (in der Hunde-Welt vor allem bekannt für ihre Veröffentlichungen rund um die Beschwichtigungssignale / „Calming Signals“ und gelegentlich durchaus unbequeme Verfechterin für die Belange unserer Hunde) sagt: Das tut es nicht. Und: Es kann sogar schädlich sein! Sitz ist muskulär sehr anstrengend, kann gerade für alte Hunde und Hunde mit langem Rücken schmerzhaft sein und – im Übermaß betrieben – bei Welpen die Entwicklung der Gelenke beeinträchtigen. Und sie verweist auf verschiedene Studien tierärztlicher Hochschulen: Wenn Hunde mehr als einige Minuten am Stück „dauersitzen“ müssen, dann kann das den Blutkreislauf so stark beeinträchtigen, dass der Augeninnendruck gefährlich steigt.
Mach deine eigene Feldstudie!
Turid Rugaas beobachtet in ihrer „Sit Study“ seit über 20 Jahren Hunde und lässt auch ihre Trainer-StudentInnen daran mitwirken. Ihre zentrale Frage: Wie oft und in welchen Situationen setzen sich Hunde im Alltag tatsächlich hin – wenn sie nicht dazu aufgefordert werden. Aus der Beobachtung von mehreren Tausend Hunden weiß sie: Viel weniger, als wir das denken würden. Oft dann, wenn sie etwas in der Ferne beobachten wollen, weil es den Kopf und die Augen in günstige Position bringt. Oder im Übergang zwischen Stehen und Liegen. Oder in unserer Gegenwart, weil sie gelernt haben, dass sie dadurch „Bitte“ sagen können. Sie hat auch herausgefunden: Besonderes Hunde mit langem Rücken setzen sich fast niemals, sondern legen sich direkt hin. Gleiches gilt für ältere Hunde und für Hunde mit gesundheitlichen Problemen. Fitte junge Hunde sitzen zwar gelegentlich – aber viel weniger häufig, als wir das denken würden.
Probieren Sie es doch selbst einmal aus und beobachten Sie Ihren Hund: Wie oft setzt er sich (gerade dann, wenn er sich unbeobachtet fühlt und nichts von ihnen will) tatsächlich hin? Vermutlich viel weniger, als Sie gedacht haben, oder?
Und die Moral von der Geschicht…
…ist wie so oft ein wenig mehr Achtsamkeit. Natürlich kann „Sitz“ im Alltag nützlich und praktisch sein. Aber wir sollten uns gut überlegen, in welchen Situationen und für welche Dauer wir es tatsächlich einfordern – ganz besonders bei sehr jungen und sehr alten Hunden, gesundheitlich beeinträchtigten Hunden, Hunden mit langem Rücken oder sehr großen schweren Hunden. Den Hunde häufiger die Wahl zu lassen, ob sie in einer Situationen sitzen, stehen oder liegen möchten, hat nichts mit antiautoritärer Erziehung zu tun, sondern mit dem Respektieren ihrer Bedürfnisse … und mit Lebensqualität!